Kultur-Events

Salon der Jüdischen Gemeinde No. 22

Franziska Haug im Gespräch mit Tijan Sila, Sivan Ben Yishai und Nicholas Potter

In Zeiten politischer Extreme, erhitzter Gemüter und geopolitischer Katastrophen wird Goethes Satz „Ein jeder, weil er spricht, glaubt, auch über die Sprache sprechen zu können“ immer zentraler. Während manche Sprache aufbrechen und sie ergänzen, mit ganz unterschiedlichen Formen und Zeichen, wollen andere etwa I*:_ verbieten und nicht als Teil von Sprache anerkennen. Was Sprache als Ausdruck von Repräsentation und Teilhabe bedeutet, und wer überhaupt mitsprechen darf – diesen Fragen widmen wir uns im Salon No. 22.

Wenn alle, die sprechen können, auch über Sprache sprechen wollen, braucht es besonderes Feingefühl, um wirklich über Sprache nachzudenken. Für diesen anspruchsvollen Diskurs haben wir vier außergewöhnliche Stimmen eingeladen: eine Literaturwissenschaftlerin, einen Autor, eine Theaterautorin und einen Journalisten.

Tijan Sila ist deutscher Schriftsteller und Träger des Ingeborg-Bachmann-Preises 2024. 1994 floh er mit seiner Familie vor dem Bosnienkrieg aus dem belagerten Sarajevo nach Deutschland. Nach dem Abitur studierte er Germanistik und Anglistik. In seinem literarischen Schaffen thematisiert er Identität und Biographie und rückt dabei immer wieder Bildung, Sprache, Kriegserfahrungen und mentale Gesundheit in den Mittelpunkt.

Sivan Ben Yishai arbeitet als Theaterregisseurin und Dramatikerin, unter anderem am Maxim Gorki Theater in Berlin. Sie zählt zu den prägenden Stimmen der deutschsprachigen Theaterszene. Für ihre innovativen Texte wurde sie vielfach ausgezeichnet, zuletzt 2024 mit dem Mülheimer Dramatikpreis. Sie lehrt Szenisches Schreiben an der UdK Berlin.

Nicholas Potter ist deutsch-britischer Journalist und schreibt regelmäßig für Medien wie taz, Haaretz, Jerusalem Post oder The Guardian. Sein journalistischer Fokus liegt auf Rechtsextremismus und Antisemitismus. Er ist Mitherausgeber des Sammelbandes Judenhass Underground: Antisemitismus in emanzipatorischen Subkulturen und Bewegungen.

Franziska Haug studierte Literaturwissenschaft, Gender Studies, Germanistik und Kunstpädagogik an der Goethe-Universität Frankfurt am Main und promovierte zur Verbindung von Literatur, Geschlechterkonstruktion und Arbeitsverhältnissen. Seit 2023 ist sie Postdoktorandin in der Forschungsgruppe Light On! Queer Literatures and Cultures under Socialism an der Universität Regensburg.

  • Die Veranstaltung findet am 28.08.2025 um 19:30 Uhr (Einlass ab 19 Uhr) im Massif Central im Bethmannhof (Bethmannstraße 7-9, 60311 Frankfurt am Main) statt.
  • Hier erhalten Sie Tickets.

Anna Prizkau: Frauen im Sanatorium

„Pepik streckte seinen Hals, und ich erzählte ihm von meiner Mutter. Das machte ich jeden Tag. Seitdem ich die Tabletten nahm, die mir am Morgen, jeden Morgen, die magere und große Krankenschwester mit den korallenroten, runden Lippen brachte. Seit zwei Wochen. Seitdem war alles wie in Watte, und ich redete mit einem Vogel.“

Ein rotgraues Gebäude – rot von außen und grau von innen – ist das neue Zuhause von Anna. Seit „der Sache“ lebt sie in diesem Sanatorium zusammen mit Elif, die ständig Geschichten erfindet, um nicht über ihren verschwundenen Verlobten sprechen zu müssen, mit der lauten Marija, die ununterbrochen über ihre heldenhafte Mutter monologisiert, und mit der Soldatin Katharina, die jeden Abend Rotwein mit Wodka trinkt. In dieser redseligen Gesellschaft ist Anna die einzige, die meist stumm bleibt – außer wenn sie im Kurpark dem Flamingo Pepik aus ihrem Leben erzählt: von ihrer Emigration, ihrer Sorge um die Mutter, ihrer Wut auf den Vater, vom Schmerz ihrer Kindheit und vor allem von der Liebe.

In Anna Prizkaus „Frauen im Sanatorium“ begegnen wir einer Schicksalsgemeinschaft aus Verlorenen, die Halt vor allem im eigenen Erzählen finden – sei es als Mittel der Verdrängung oder der Selbstbefreiung. Mit großer Leichtigkeit und feinem Humor, der aber nie die dahinter stehende Tragik verdeckt, erfindet Prizkau mit diesem Buch den Sanatoriums-Roman neu.

  • Die Veranstaltung findet am Dienstag, den 9. September 2025, um 19:30 Uhr
    (Einlass: 19:00 Uhr) im Hessischen Literaturforum im Mousonturm e.V. (Waldschmidtstr. 4, 60316 Frankfurt) statt.
  • Eintritt: € 12 | € 9 | € 6 (pay as you wish)
  • Moderation: Amelie May
  • In Kooperation mit dem Hessischen Literaturforum im Mousonturm e.V.
  • Tickets sind hier erhältlich.